- Aktuelle Rechtsprechung (BGH)
- Automatische Berechnung in autoiXpert
- Beispielrechnung zum BGH-Urteil
- Steuerneutralität
Aktuelle Rechtsprechung
Der BGH (Urteil VI ZR 205/23 vom 16. Juli 2024) hat klargestellt, dass die Wertminderung bei vorsteuerabzugsberechtigten Anspruchstellern auf der Grundlage der Netto-Verkaufspreise des Fahrzeugs vor dem Unfall und nach der Reparatur berechnet werden muss.
Die Verwendung der Nettowerte vermeidet eine ungerechtfertigte Bereicherung des vorsteuerabzugsberechtigten Anspruchstellers.
Bei privaten Anspruchstellern (keine MwSt. ausweisbar) muss zwar ebenfalls mit Nettowerten gerechnet werden, dort ist allerdings der Brutto- und Nettowert gleich, weil Privatpersonen beim Verkauf ihres Fahrzeugs keine Umsatzsteuer aufschlagen müssen.
Manche Anwälte empfehlen, immer mit um die MwSt. reduzierten Eingangsparametern zu rechnen, selbst bei Privatleuten. AutoiXpert unterstützt diese Rechenweise auch, s. unten.
In der Praxis berechnen viele Sachverständige den Minderwert mit verschiedenen Minderwertmethoden, die im Minderwertrechner von autoiXpert nutzbar sind.
Anmerkung zur Grafik: In den meisten Marktsituationen können Privatpersonen zum gleichen Preis anbieten wie ein Unternehmer. Der Unternehmer darf aber nur den Nettopreis behalten und muss die ausgewiesene Mehrwertsteuer an den Staat abführen. Das ist auch fair, weil er beim Einkauf des Fahrzeugs die MwSt. abziehen durfte.
Der Privatmann hingegen muss keine MwSt. aufschlagen, sodass bei ihm brutto = netto gilt.
Automatische Berechnung in autoiXpert
Für Unternehmer
Es ist unstrittig, dass bei Unternehmern (= zum Vorsteuerabzug berechtigt) seit dem Urteil stets auf Basis der Netto-Veräußerungswerte gerechnet werden muss. Für die Minderwertmethoden lässt sich daraus ableiten, dass die Eingangsparameter Wiederbeschaffungswert und Reparaturkosten ebenfalls netto anzunehmen sind.
AutoiXpert belegt in diesem Fall und bei "Vorsteuerabzug unbekannt" automatisch vor, dass die Brutto-Eingaben im Hintergrund bei der Berechnung der Methoden um die MwSt. reduziert werden.
Für Privatleute
Für alle anderen (= nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt) bietet autoiXpert zwei Varianten zur Berechnung:
- Automatisch: Für Privatleute ist keine Reduktion des Bruttowertes um die Mehrwertsteuer notwendig, weil aus Augen des Privatmanns bei dem gedachten Verkauf, der dem Minderwert zugrunde liegt, brutto gleich netto ist, weil er keine MwSt. erheben muss und ausweisen darf.
- Immer netto: Falls Sie oder Ihr Anwalt das BGH-Urteil so interpretieren, dass der Nettowert auch bei Privatleuten um 19 % geringer als die Bruttowerte ausfallen sollten, obwohl Privatleute keine MwSt. erheben dürfen, sollten Sie auf "immer netto" umstellen.
Sonderkonstellation für Privatleute
Der BVSK hat in einem Rundschreiben an seine Mitglieder folgende Sonderkonstellation für Privatleute angeführt:
Falls ein bestimmter Fahrzeugtyp vorranging von Unternehmen gekauft würde - z. B. Mittelklasselimousinen - müssten Privatleute wahrscheinlich ihren Preis (brutto = netto) an dem Nettopreis anderer gewerblicher Verkäufer orientieren, weil für die Käufer als Unternehmer ein Kauf von anderen Unternehmern mit ausgewiesener MwSt. günstiger ist als ein Kauf von einem Privatmann ohne ausgewiesene MwSt zum gleichen Angebotspreis. Der Privatmann kann in diesem Gedankengang nur erfolgreich am Markt verkaufen, wenn er seinen Preis so günstig wählt wie den Nettopreis des Unternehmers.
Für diesen Fall macht es Sinn, auch beim Privatmann mit den um die MwSt. reduzierten Werten zu rechnen. In autoiXpert kann dies manuell umgestellt werden.
Automatik einstellen
So aktivieren/deaktivieren Sie die automatische Umrechnung:
- Navigieren Sie in den Reiter Kalkulation eines Gutachtens.
- Öffnen Sie den Minderwertrechner.
- Im Zahnrad rechts neben dem Schalter können Sie die Berechnung aktivieren oder deaktivieren.
Beispielrechnung zum BGH-Urteil
Hier demonstrieren wir die Argumentation des BGH, warum beim Unternehmer mit Nettowerten zu rechnen ist, die um 19% geringer ausfallen als die Bruttowerte.
🚗 Verkauf eines unbeschädigten Fahrzeugs
Verkaufspreis (brutto) | 30.000,00 € |
MwSt. (19%) | 4.789,92 € |
Verkaufspreis (netto) | 25.210,08 € |
🚓 Verkauf eines beschädigten Fahrzeugs mit Wertminderung
Wertminderung durch Unfallschaden | 1.000,00 € |
Verkaufspreis (brutto) | 29.000,00 € |
MwSt. (19%) | 4.630,26 € |
Verkaufspreis (netto) | 24.369,75 € |
⚖️ Vergleich der Verkaufserlöse
Mindererlös beim Verkauf des beschädigten Fahrzeugs | 25.210,08 € - 24.369,74 € = 840,34 € |
Erhaltene Wertminderung vom Versicherer | 1.000,00 € |
Zu viel erhaltene Wertminderung | 1.000,00 € - 840,34 € = 159,66 € |
(Bereicherung des Anspruchstellers) |
Wird ein Anspruchsteller nachträglich als umsatzsteuerpflichtig eingestuft, muss die Wertminderung neu berechnet werden, meist durch den Anwalt.
Der Sachverständige sollte kenntlich machen, dass er mit Nettowerten gerechnet hat. AutoiXpert stellt im Standard Textbausteine dafür zur Verfügung.
Steuerneutral oder netto/brutto?
Der BGH hat in seinem o. g. Urteil deutlich gemacht, dass der Minderwert weiterhin als steuerneutral auszuweisen ist. Ihn als brutto oder netto auszuweisen ist nicht korrekt.
Der Ersatz des merkantilen Minderwerts unterliegt nicht der Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, weil es sich bei dieser nach dem Gesetz (§ 251 Abs. 1 BGB) zu zahlenden Entschädigung (ebenso wie bei nach § 249 BGB zu zahlendem Schadensersatz) nicht um eine Leistung gegen Entgelt handelt, es also am erforderlichen Austausch gegenseitiger Leistungen fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 260/10, DAR 2011, 517 Rn. 10 ff.; Oelmaier in Sölch/Ringleb, UStG, Stand: Oktober 2023, § 1 Rn. 36, 101; jeweils mwN). Es ist deshalb zumindest missverständlich, beim merkantilen Minderwert von einem Brutto- oder Nettominderwert zu sprechen.